Spielen unter Ubuntu

In meinem letzten Beitrag habe ich über sie Einsetzbarkeit von Linux als Systemplattform schwadroniert. Dabei ging ich auch auf das Einsatzfeld des Desktops ein. Das Fazit war, das es noch immer „abenteuerlich“ ist, ein „normales“ Spiel unter Linux zum laufen zu bekommen. Hier mal etwas mehr Details zum Thema Zocken unter Linux (am Beispiel Ubuntu)

Da es bei diesem Thema nur so von Problemen, Schwierigkeiten und Stolpersteinen wimmelt, geh ich sie einfach der Reihe nach durch, so wie sie mir Wiederfahren sind und gehe dann auf die Lösungsansätze ein.

Grafikkarten

Dies ist ein mehr oder minder leidiges Thema. Wer es gewohnt ist, mit der aktuellen Grafikkarte zu spielen, die eben erst auf den Markt geworfen wurde, wird nicht viel spielen. Obwohl sowohl NVidia als auch AMD Linuxtreiber zur Verfügung stellen dauert es immer ein wenig bis das Top-Model auch von diesen Treiber unterstützt werden. Aber selbst dann ist der Funktionsumfang und die Einstellmöglichkeiten der Treiber weit hinter dem, was die Windowstreiber bieten. Es gibt zwar auch OpenSource Treiber für beide Grafik-Hersteller, diese haben meist jedoch eine noch hoher Verzögerung was den Support anbelangt und können kaum im 3D Bereich mithalten ((??? zu klären). Fürs spielen ist mal also auf die ClosedSource Treiber angewiesen, wenn die nicht gehen, hat man Pech gehabt.

Verfügbarkeit:

Hat man eine funktionierende 3D Umgebung OpenGL kommt das zweite große Problem: läuft das Spiel überhaupt? Das Feld für die möglichen Antworten teilt sich theoretisch in folgende Quellen auf:

  • Das Spiel liegt compilierbar vor und ist Multiplatformfähig – hier hat man den wenigstens Stress. Selbst wenn es kein Pakete für die eigene Distribution gibt, kann man das Spiel zum laufen bekommen.
  • Das Spiel liegt als Binary für Linux nativ vor – hier hängt es von der Architektur und den vorliegenden Rahmenbedienungen (verwendete libc) ab ob das Spiel läuft.
  • Spiele auf Java/Mono/Flash-Basis – Spiel einfach starten.
  • Spiele die nativ nur unter Wundows laufen – wine installieren und ausprobieren was geht.

Punkt 1-3 bekommen erst in den letzten Monaten Relevanz. Durch das Aufkommen der verschiedener Plattformen (iOS, Android) und einem wachsendem Indi Markt, rückt der Gedankte der nativen MultiPlatformfähigkeit von Spielen mehr in den Mittelpunkt. Das nützt nur alles nichts, alle aktuellen Bestseller sind Windows Spiele oder laufen gar nicht erst auf dem PC.

Wine

Und hier beginnt das Basteln. Als erste Anlaufstelle sollte app.winehq.com sein um zu schauen ob es eine Realistische Chance gibt, dass man das gewünschte Spiel/Anwendung überhaupt zum laufen bekommt. Idealerweise vor dem Kauf machen. Wenn das Wunschspiel dort nicht gelistet ist, kann man sich auf Schwierigkeiten einstellen.

Wine sollte man über das WineUbuntu-Team aus dem Launchpad (https://launchpad.net/~ubuntu-wine/+archive/ppa) installieren, da dies eine der wenigen Applikationen ist, wo man hinter der Entwicklerversion hinterherhecheln darf/muss.

Nach der Installation einmal wincfg im Terminal aufrufen und ggf. zusätzliche Verzeichnisse einbinden.

Wichtiger Hinweis: wine legt das DosDrive C: standardmäßig ins Homeverzeichniss. Wenn man selbiges nicht Sprengen will sollte man den symbolischen Link einfach umbiegen:

cd ~/.wine/dosdevices
mv c: /some/user/defined/path
ln -s /some/user/defined/path c:

Hat man das gemacht kann es losgehen. Spiel installieren, starten, zocken und Spaß haben… theoretisch. Im Problemfall gibt es wenig allgemeine Hilfe. Da wine die Functions-Calls der Anwendungen „umbiegt“ kann alles an Fehler passieren was man sich so vorstellen kann. Auch Dinge die eigentlich nicht möglich sind… 😉

Hier ein paar Lösungsansätze:

  • Die CD wird beim installieren nicht erkannt/ Installieren geht gar nicht: Versuchen aus einer VM heraus das Spiel zu installieren. Anschließen das Verzeichnis raus kopieren und versuchen die Sache so ans fliegen zu bekommen.
  • Der Kopierschutz erkennt die CD nicht/ Kopierschutz verweigert dienst: kurz und knapp – Pech gehabt. Fast alle Kopierschütze haben ein Probleme mit der Fake-Windows-Umgebung. Da hilft nur ein „patch“ aus hebelt
  • Das Spiel startet nicht, stürtzt ab, verhält sich komisch: starte das spiel von der Konsole aus. Wine logt fast alles mit, was schief geht. Schmiert das Spiel ab und es Tauchen „FixMe – ToBe Implemented“ Meldungen auf, ist der Fall klar, da ist eine Funktion noch nicht implementiert. Meist sind die Fehlermeldungen aber kryptischer. Dann kann man google bemühen oder seinen Fall bei winehq posten. Je beliebter das Spiel ist, je schneller wird sich Support einstellen.

Hat man das Spiel erst mal am Laufen und will es sich „bequem“ machen, wird es erst richtig spaßig. Der Markt da draußen ist voll von programmierbaren Zusatztastaturen, Mäusen mit X-Tasten und allerlei Sonderhardware (HOTAS-Sticks usw). Zuerst die gute Nachricht: Fast alle davon werden erkannt und angesteuert. Ob nun mein alter HOTAS Cougar, PCDash oder Tacticalboard. Nun die Schlechte: das nutzt wenig. Meist wird das ganze „programmieren“ unter Windows über den Treiber abgefackelt. Unter Linux werden die Tastencodes ganz normal ausgewertet. Mir ist noch kein praktikabler Weg bekannt, bei dem Tastencode X von Tastatur A etwas anderes macht als von Tastencode X von Tastatur B.

Bei den Mäusen sieht es da schon besser aus. Wenn der XServer prinzipiell die Tastencodes erkennt und weiterreicht, gibt es das Tool btnx um diese Tastencodes in sinnvolle Aktionen umzusetzen. Das funktioniert sehr gut. Bei keinen meiner Logitech-Mäuse musste ich auf eine Tastenfunktion verzichten.

Wenn man solche Sachen wie TrackIR einsetzten will, kämpft man auf ganz verlorenen Posten.

Fazit

So genug gesalbert, hier mein Fazit nach 2 Jahren Linux Einsatz und dem Versuch darunter zu Spielen:

  • Für Spieler die nur mit Maus und Tastatur spielen, lebensfähig sind und auf ein paar Spiele verzichten können, kann ich Linux uneingeschränkt empfehlen.
  • Spieler die eh nur ab zu zu ein paar „simple“ Spielchen spielen wollen, ebenfalls. Flash geht immer 😉
  • Ambitionierte Spieler die entweder fast jedes aktuelle Spiel mitnehmen oder diverse Sonderanforderungen haben, werden ihre liebe Not bekommen. Hier ist ein parallel betriebenes (Gamer)Windows die bessere Wahl.

Ich selbst habe eine „Erfolgsrate“ von 75% vorzuweisen. Nach dem Wechsel auf Linux hab ich meinen Spiele-Konsum ohnehin stark eingeschränkt, daher ist die Rate so hoch. Von 4 Spielen war eins gar nicht zum laufen zu bekommen (ausgerechnet eins, dass eigentlich auf OpenGL setzt):

  • Ein altes Spiel (JaggedAllience2 Wildfire) war mit kniffen zum laufen zu bekommen, seit dem läuft es anstandslos.
  • WoW wird dank „Relevanz“ extrem gut unterstützt. Hier war gar kein Gefrickel notwendig. Leider war das dazu gehörige Tacticalboard nicht sinnvoll zum laufen zu bekommen. Außerdem ist WoW verdammt langweilig geworden.
  • Combat Mission – das besagte OpenGL Spiel… bekomme ich stand heute nicht zum laufen.
  • Eve Online – läuft mit einigen Kniffen sogar im vollen DualScreen – Modus

Bei allen 3D Spielen kann ich alle Shader (sofern vorhanden) aufdrehen und alle GrafikSettings auf Anschlag stellen, die Performance ist ordentlich. Bis auf kleine Bugs gibt es nur ein Manko: ich kann kein AA zuschalten.