Einleitung
Deus Ex – Elf Jahre ist es her. Elf Jahre die ich ab und an dieses Spiel (noch immer installiert) starte und eine kleine Runde durch NewYork, HongKong oder Vandenberg drehe. Elf lange Jahre, die ich nach einem würdigen Nachfolgen suche (es soll gerüchteweise einen zweiten Teil geben…). Nach dieser langen Zeit und leider viel zu wenigen Nachahmern schickt sich Eidos Montreal (ION-Storm gibt es nicht mehr) nun an, Deus Ex wieder zu beleben. Ich hab es seit letzter Woche in den Fingern und hab es wie im Rausch durchgespielt. Dies ist nun mein kleines persönliches Fazit dieser wirklich „illuminierten“ 30 Spielstunden. Eins vorweg: Das Spiel macht Spaß. Seit Mass Effect (1) und Dragon Age – Origins hat mich kein Spiel mehr so gefesselt. Aber ich gehöre zum schlag der Spieler die gemeinhin als „nicht casual“ bezeichnet werden (HardCore will ich mich selbst nicht nennen). Dieser Schlag von Spieler zeichnet sich durch das Seltsame verhalten aus, gewisse Aspekte, Fehler oder Eigenheiten eines Spiels komplett zu ignorieren und auf der anderen Seite ein Spiel an Kleinigkeiten zu Grunde zu richten. Beispiel: meist ist die Grafik uninteressant aber wehe ein Logikfehler hat sich in die Story eingeschlichen. Dies sollte beachtet werden wenn der folgende Erfahrungsbericht/Kritik gelesen wird. Des weiteren poste ich keine Bilder. Diese sind entweder langweilig (Schleichshooter) oder Spoilern die Handlung.
Ein ganz schlechter Tag
So genug der einleitenden Worte. Deus Ex – Human Revolution dreht sich, wie seine beiden Vorgänger, um Verschwörungen, Verrat und das „Zusammenleben“ von Menschen mit und ohne Augmentierungen allgemein. Da Deus Ex 2 die Geschichte nach Deus Ex erzählt (und von den Fans zerrissen wurde), widmet sich HumanRevolution der Geschichte vor Deus Ex. Als Hauptfigur dient diesmal kein Denton sondern ein bis dato eher Unbekannter namens Adam Janson. Dieser ist Sicherheitschef bei Sarif Industries und Ex-Freund des dortigen Wissenschaftsgenies Megan Reed. Und wie es das Glück so will, just an dem Tag als sich der gute Adam wieder Hoffnung auf eine Beziehung mit Reed machen kann und diese der ganzen Welt ihren Durchbruch in der Augmentierungs-Technologie verkünden will geht alles schief. Es kommt „ganz zufällig“ zu einem Großangriff auf die Firmenlabore, die Sicherheitssysteme versagen und der Spieler in Jansons Person darf es richten. Das ist der recht theatralische Einstieg von Human Revolution. Am Ende (nach ca 10 min Spielzeit) wird Janson sterben. Nahkampferfahrung mit einem Voll-Augmentierten „Elite“-Soldaten, eine Kugel zwischen die Augen und schon ist der mieseste Tag im Leben eines angehenden Helden fast perfekt. Fast… Was noch fehlt, ist der super reiche, technikverliebte Boss des Unternehmens. Dieser packt Janson mal „kurz“ auf den OP-Tisch und spendiert ihm alles was die Technik so hergibt. Das ist die Ausgangslage für eine 30 Stunden Hatz auf die „Verursacher“ und deren Hintermänner, bei der Janson mehr aufdeckt, als ihm lieb und gesund ist.
Eine Welt von Morgen
Wo Deus Ex drauf steht müssen Rollenspielelemente, dystropische SciFi und Verschwörungen drin sein. Erste Entwarnung: ja es gibt ein Erfahrungssystem und Augmentierungen. Es gibt Waffenbasteleien. Die SciFi-Atmosphare ist beklemmend und intensiv und nunja die Verschwörung gibt es auch. Anders als in Deus Ex 1 fliest die Erfahrung jedoch direkt in die Augmentierungen (früher Implantate). Spieltechnisch wird das so erklärt: Janson hat schon alle Implantate intus, jedoch abgeschaltet, da das sein Körper nicht vertragen würde. Erst durch Übung und Erfahrung kann er weitere Implantate freischalten. Dabei unterteilen sich die Implantate in zwei Kategorien: Aktive und Passiv. Erstere braucht „Energie“ und muss aktiviert werden, letztere sind immer Scharf und ziehen keinen Strom. Erfreulicherweise gibt es gerade zu Anfang einen Haufen an sinnvollen Implantaten. So wird die ersten 5-10 Stunden die Spielweise durch die Wahl der Implantate definiert. Danach kristallisiert sich durch die Spielmechanik her raus, welche Implantate in die „Spielwelt“ passen und welche nicht. Am Ende des Spiels hatte ich 4 „Pratik-Punkte“, also aufrüstbare Implantate, übrig, dich ich nicht vergeben habe, weil es einfach Sinnlos war, bzw. deren Nutzen gen null ging! Und das auf dem höchsten Schwierigkeitsgrat (dazu später mehr). Das liegt daran, das einige Implantate für sehr dedizierte Situationen gedacht sind. Zum Beispiel „Durch die Wand schlagen“, „Hohe Stürze überleben“. Die Situationen an denen man das braucht, kann man an einer Hand abzählen. Dazu gesellen sich schlicht Sinnfreie Implantate. „Durch die Wand schauen“ wird z.B. durch den standardmäßig freigeschalteten Radar überflüssig gemacht. Und schließlich folgen dann noch die Implantate deren Nutzen eher zweifelhaft ist: „Besser Zielen“ – Machte die Eigenbewegung des Zielvisiers in Deus Ex 1 einen Treffer noch zur reinen Glückssache, ist sie im Human Revolution kaum spürbar. Drei Punkte in dieses Implantat und es bewegt sich gar nichts mehr.
Ein „Implantat“ hingegen ist definitiv zu stark geraten: der Nahkampf. Von Anfang an kann Janson im Nahkampf jeden Gegner mit einem „Knopfdruck“ ins Reich der Träume schicken oder gleich ganz in die Unterwelt. Wobei die Animationen für das „betäuben“ sehr drastisch ausfallen. Ich zweifle doch stark an, dass der geballte Einschlag einer Roboterfaust im Schädel „nur“ betäubt. Auch die anderen Animationen deuten eher auf schwere Knochenbrüche hin, denn auf Betäubung. Nur selten setzt Janson zum leisen Würgegriff an. Alternativ nutzt er seine Armklingen und macht Geschnetzeltes aus den Kontrahenten. Investiert man dann nochmal zwei Praxispunkte, kann man auch zwei Gegner gleichzeitig ausschalten. Das ganze Kostet zwar gleich eine ganze Energiezelle (davon hat man im Spiel am Ende fünf) aber diese lädt sich schnell wieder auf. Auch die Einschränkung das Jenson ohne Strom gar keine Nahkampfattacke ausführen kann, wirkt eher aufgesetzt, als das es dem Balancing gut tut.
Die eigentliche „Stärke“ dieser Attacke kommt nicht von der Einsatz-Häufigkeit sonder von dem Umstand, dass die Zeit im Spiel anhält, während die Animation läuft. Auf den ersten Blick erscheint das Logisch, die Animationen laufen teils länger als 30 Sekunden. Auf den zweiten Blick ist das die einzige Betäubungsmöglichkeit, die den Gegner sofort auf die Bretter schickt (ElektroShock/Betäubungsgewehr brauchen Zeit). Es gibt keinen Grund für den Spieler auf diese Attacke zu verzichten oder gar die tödliche Variante zu benutzen, sieht man vom „Style-Faktor“ mal ab. Ein Klick und die Gegner fallen um. Wird man eindeckt, ist man meistens schnell genug an der Wache dran um sie Umzuhauen, bevor sie Alarm schlägt. Nur Waffengänger haben das Nachsehen. Sie kommen selten dicht genug an den Gegner rann um diese mächtige Fähigkeit einzusetzen. Zusätzlich stellt sich schnell her raus, dass die Entwickler klar den „schleichenden“ Janson übervorteilen. Wozu also Thermalpanzerung skillen, wenn es doch eh „Punktabzug“ gibt, wenn man von Gegnern entdeckt wird.
Ein schleichender Janson, der seine Gegner mit gezielten Kopfschüssen aus dem Betäubungsgewehr ins reich der Träume schickt, bekommt 3 mal so viele Erfahrungs-Punkte wie ein Rambo-Janson. Dazu schießen die Gegner noch unglaubwürdig gut und treten meistens in größeren Rudeln auf. Das Leveldesign tut sein übriges. Dieses bietet häufig eine alternative Route an, die eine vor der Entdeckung durch die Wachen schützt. Im Gegenzug werden aber selten sinnvolle Deckungs- und Rückzugsmöglichkeiten angeboten. Da Janson selbst mit Panzerung (auf höchstem Schwierigkeitsgrad) wenig Treffer einsteckt, bleiben nur Angriff aus dem Hinterhalt, die wiederum schnell auffliegen. Diese Rahmenbedingung, gepaart mit der immer akuten Munitionsknappheit, zwingen dem Spieler eigentlich eine schleichende Spielweise auf. Hat man sich einmal darauf eingelassen, macht Human Revolution als Schleichschooter richtig Spaß. Es werden immer mindestens zwei Routen angeboten. Meist jedoch mehr. So hat man die Wahl, übers Dach, durch die Kanalisation oder schleichend durch den Haupteingang zum Ziel vorarbeiten. Diese Freiheit gilt auch in geschlossenen Gebäudelevels. Auch wenn die (schon aus Deus Ex bekannten) Lüftungsschächte aufgesetzt wirken, so sind sie doch immer genau dann da, wenn man eine Alternative braucht.
Die Entwickler drehen aber genau fünf mal den Spieß um. Drei mal muss man bei Bosskämpfen in den Nahkampf, in zwei weiteren Situation darf man in den offenen Kampf. Die Bosskämpfe nerven schlicht und ergreifend. Die Bosse setzten alle keine besondere Taktik vor raus , stecken viel ein (nach den Kämpfen leidet man immer unter Munitionsknappheit) und passen so gar nicht ins sonstige Spiel. Im alten Deus Ex hatte man, wenn man wollte, die Möglichkeit den Boss ohne eine einziges Gefecht ins Nirwana zu schicken. Das war zwar nicht sonderlich Herausfordernd aber passte ins Spiel. Hier ist der Spieler gezwungen gefühlte 20 Min im Kreis zu rennen und ab und an drauf zu halten. Oder man hat durch Zufall die richtigen Augmente geskillt (die man sonst nicht braucht) und putzt die Bosse im Handumdrehen weg. Wesentlich besser gefallen mir da die beiden „offenen“ Kämpfe in den Missionen. Bei beiden kann man sich für den Kampf entscheiden oder sich drum „drücken“. In einer Situation ist man gezwungen eine Stellung zu halten und muss sich derweil Wellen von Gegner erwehren. „Zufällig“ liegen ein Haufen Haftminen und ein Geschützturm rumm, der „umprogrammiert“ werden will. Die zweite Szene ist intensiver. Hier geht es um einen dem Spieler nahen NPC. Man hat die Wahl ob man sich den Kampf stellt oder der NPC stirbt. Stellt man sich, muss man alles raushauen was man an Munition, Augmenten und „Fähigkeiten“ hat. Der Gegner ist übermächtig, die Uhr tickt schnell. Man muss das einzige mal in Deus Ex unter Zeitdruck die Gegnerzahl rapide dezimieren. Eigentlich hat man als „Schleicher“ kaum eine Chance. Schafft man es doch, ist das Erfolgserlebnis um so größer.
Eine Technik von Gestern
Diese Nahkampf-passagen werden zusätzlich noch durch die Steuerung frustrierender. Während die Widrigkeiten beim Schleichen nicht auftreten, stört folgendes im schnellen Kampf doch extrem:
- Der Automatische Waffenwechsel bei Munitionsmangel. Gerade in hitzigen Situationen ist es nervig wenn ein Waffenwechsel mehrere Sekunden braucht und dann noch auf die falsche Waffe geht.
- Granaten: gerade in Bosskämpfen sind sie essentiell wichtig. Es braucht aber zwei Tasten um auf die richtige Granatenart zu wechseln und diese zu Werfen.
- Das Deckungssystem: Mal verhakt sich Jenson, mal kann er sich nicht lehnen, Gewehre mit optischen Visiere kann man „zielen“ bei allen anderen nicht.
Auch das Kriechen, Springen, Schleichen und Ducken haben andere Spiele schon intuitiver gelöst, zum Beispiel über ein Mausrad. Auch so wirkt die Verwendete Technik nicht auf der Höhe der Zeit. Besonders, dass die Figuren nicht lippensynchron (weder im englischen noch im deutschen) sprechen, fällt als ersten negativ auf. Danach folgen die „hölzernen“ Animationen. Gerade in Gesichtsnahaufnahmen fällt es extrem auf, dass es so gut wie keine Mimik gibt. Daneben fällt eigentlich nur noch die KI mit krassen Mängeln aus dem Rahmen. Die KI aus Human Revolution macht den Eindruck als hätten sie die aus Deus Ex 1 importiert oder zu mindestens eins zu eins nachgebaut. Und die KI war damals schon nicht die Cleverste. Mal abgesehen von ihren Schießkünsten hat die nicht sonderlich viel drauf. Erkennen das eine Leiche oder ein Betäubter herumliegt (samt aufwecken), bei Sichtkontakt Alarm schlagen und vorgegebene Wege abschreiten, dass war es dann auch schon. Was fehlt:
- Kommt es mal zu einem offenen Gefecht, verhält sich die KI schlicht dämlich. Einkreise, übersetztes Vorrücken und Feuerschutz scheint die KI nicht zu kennen. Auch das gezielte Deckung suchen hab ich nur an Stellen gesehen, wo ich es für geskriptet halte.
- Die KI reagiert nicht auf ihre Umgebung. Stellt eine Kamera, Roboter, Geschützturm den Dienst ein stört das die anwesenden Wachleute kein bisschen. Auch das der Kollege, mit dem man vor 30 Sekunden noch lustig einen Plausch gehalten hat, von seiner Runde (30 Sekunden) durch den (gut einsehbaren) Raum nicht zurückkehrt, scheint kein Misstrauen hervorzurufen. Offene Türen, Lüftungsschächte oder herumliegende Waffe (von verschleppten Wachen)… ach geschenkt.
- Das ganze gipfelt in der Tatsache, dass man den NPC vor ihren Augen die Bude leerräumen kann, ohne dass diese Reagieren. Aber wehe man macht sich an Computer oder Schlössern zu schaffen!
Mir ist bewusst, dass eine bessere KI den Schwierigkeitsgrad massiv hochgezogen hätte, aber mal ehrlich, im höchsten Schwierigkeitsgrad erwarte ich mehr als nur stupide Statisten als Gegner. Obwohl alle Medien behaupten um die Grafik sei es nicht besser bestellt überzeugt mich diese wiederum. Die Engine unter der Haube ist Wirklich nicht mehr taufrisch. Es gibt zu wenig Charactermodelle was in vielen Clonen mündet und die Effekte sind nicht auf dem Level von Crysis. Das macht das Spiel aber durch seine Detailverliebtheit und Grafikstiel wett. Wenn man das erste mal das eigene Apartment betritt und das Licht und Farbenspiel betrachtet, das erste mal Upper-Hengshan erlebt, oder in eine (unlogisch) riesige geheime Vorschungsanlage einfährt verschwendet man keinen Gedanken an die GrafikEngine. Überhaupt sind die Orte grafisch sehr unterschiedlich und glaubwürdig (sieht man mal von den „Abkürzungen“ ab) gestaltet. Das Ambiente stimmt. Das Funktioniert sogar so gut, dass die gelegentlichen Zwischensequenzen einen sogar aus dem Spiel reißen, weil sie ein anderes/dunkleres Farbsetting haben. Ansonsten nimmt man Deus Ex die Welt ab, in die es einen hineinziehen möchte. Das liegt vor allem an den herumliegenden Objekten. An allen Ecken und Enden gibt es was zu entdecken, zu lesen oder zu benutzen. Das macht die so Welt glaubwürdig. An einigen Stellen hätte ich mir nur höher aufgelöste Texturen gewünscht. Wenn man in Jansons Apartment einige Briefe oder Baupläne herumliegen hat und diese nicht lesen kann weil die Buchstaben zu gering aufgelöst sind, ist das schade. Der Sound trägt einen großen Teil zur Atmosphäre bei. Die Waffeneffekte sind nicht übertrieben aber auch nicht zu schwach. Die Sprecher sind durch die Bank weg glaubwürdig. Gerade in den Wortduellen, wo eigentlich die Mimik Anhaltspunkte liefern sollte, ist die Betonung und Wortwahl das einzige Mittel um abzuschätzen ob man den Duellanten „erwischt“ hat oder eben nicht. Auch der Soundtrack weiß zu gefallen. Nicht mehr der Elektro/Synti-Stiel wie bei Deus Ex 1 aber doch sehr hörenswert. Er treibt die Situation immer passend an und ist das einzige was die Bosskämpfe erträglich macht.
Fazit
Alles bis hierher Genannte ist Kritik auf hohem Niveau. Einiges davon wird von dem ein oder anderen nicht mal bemerkt. Andere dinge stoßen sauer auf. Dennoch ändert das nichts an der Tatsache das Deus Ex Human Revolution ein sehr guter Neustart der Serie ist. Es macht einfach Spaß Janson durch die futuristische Welt zu steuern und ihn wieder an meine „Wunschvorstellung“ anzupassen. Leider bleibt er meiner Meinung nach hinter Deus Ex 1 zurück und erfüllt auch die Erwartung nicht, die Eidos und Square Enix gesetzt haben (auch im Spiel). Das liegt vor allem an dem bisher nicht angesprochen Punkt: der Story – die lässt sich nicht Kritisieren ohne zu spoilern.
Eine lange Geschichte…
Wenn Deus Ex Human Revolution einen richtigen Schwachpunkt hat, dann die Story. Nicht das man mich falsch versteht. Einen Großteil der Spielzeit (bei mir 27 von 30 Spielstunden) ist diese Packend und unterhält glänzend. Abgesehen von ein paar sehr aufgesetzt wirkenden Schwächen (mal wieder eine Super KI/Sidekicks auf Deus Ex 1) ist die Handlung in sich (ab)geschlossen und Stimmig. Aber wie würde der Weinkenner sagen: Es hat einen miesen Abgang. Wenn man Eidos etwas bei Deus Ex Human Revolution vorwerfen möchte, dann das sie ausnahmslos die gesamte Handlung, samt aller Wendungen in ihren Trailern gespoilert haben. Das sie dabei wesentlich mehr Aktion und Theatralik rein gepackt haben als im realen Spiel vorhanden, kann man fast schon als böswillige Täuschung auslegen. Wie in den Trailern dargestellt ist der Spieler/Janson die meiste Zeit damit beschäftigt die Umstände um den Anschlag auf Sarif Industrie aufzuklären. Wie schön im Trailer betont, sind die Wissenschaftler gar nicht tot, das waren keine einfachen Terroristen und auch nicht die FEMA und Janson wird alles tun, was in seiner macht steht um seine Ex Freundin zu retten. Das passt ja alles so weit und motiviert. Auch im Spiel kommt das sehr gut rüber. Die Storywriter haben es verstanden, immer einen (und wenn noch so unsinnigen) CliffHanger einzubauen, der die Spielabschnitte verbinden und zum Weiterspielen verleitet. Es wird wohl keinen Überraschen, dass am Ende dieser Hatz ein Wiedersehen steht. Und genau an dieser Stelle fällt das Kartenhaus „Story“ in sich zusammen. In dem Momenten wo sich Janson und Reed nach „6 Monaten“ wieder gegenüberstehen, hätte das Spiel zu Ende sein sollen oder die „neue“ Story ordentlich einführen müssen. Was passiert? Die beiden stehen sich gegenüber. Janson (zu recht) stinksauer auf seine Ex. Sie entsetzt das er noch lebt (sie hat ihn ja sterben sehen) aber doch Froh das er sie raus haut und bemüht um Erklärungen. Dann ein Schnitt, irgendwo anders in der Welt (Der Ort wird auch im Trailer gezeigt) passiert eine Katastrophe und sofort wird das Gespräch beenden. „Janson du musst dich darum kümmern, mach’s gut“. Das war der erste Moment im Spiel wo ich mir verschaukelt vorkam. Kein Wort der Erklärung, keine Überleitung, nichts. 10 Minuten später steht man im nächsten (letzten) Level und das war es. Ist den Entwickler plötzlich das Geld oder die Ideen ausgegangen oder gar Beides? So etwas unfertig wirkendes hab ich ja seit der „Wiedersehen“-Szene in MassEffect 2 nicht erlebt. Dazu kommt noch, dass der letzte Level einfach schlecht ist. Linear, ohne große Überraschung und mit Zombies gespickt. Ja richtig gelesen, mit Zombies. Die Erklärung warum die Menschen durchdrehen ist zwar schlüssig, das ändert aber nichts daran, dass der spielerische Anspruch gen Null geht. Man kann sich dem Kampf nur noch selten entziehen und ist gezwungen auf alles drauf zuhalten was sich einem in den weg stellt. Stellenweise gibt es nicht mal, irgendwelche Alternativrouten. Nur der Bosskampf kann überzeugen. Es ist der erste bei dem es nicht auf reines Ballern ankommt. Die Krönung ist der dann der Spielabschluss. Deus Ex bietet vier enden zur Auswahl an, aber liebloser hätte man diese nicht präsentieren können. Erstens wirken von drei Parteien die zur „Auswahl“ stehen, zwei einfach nur Aufgesetzt und deplatziert, zweitens kann man die Folgen nicht wirklich abschätzen. Muss man aber auch nicht. Am ende Steht man in einem Raum vor drei Knöpfen (die Ansprache die dann folgt, wurde auch schon im Trailer gespoilert) und hat die Wahl, oder man geht in einen Nebenraum und drückt den vierten Knopf. Was für epische Entscheidung. Was bleibt danach zurück?
- Sie hätten den letzten Level weglassen sollen.
- Sie hätten die Story um die Iluminaten weglassen sollen. In Deus Ex 1 waren alle Parteien sauber erläutert und deren Ziele und Motivationen zu mindestens am Ende klar. In Human Revolution bleiben mehr Fragen offen als beantwortet werden.
- Was sollte das mit der Nebenstory um Jansons Vergangenheit (die später eine Rolle spielt), wenn die eigentlichen fragen doch nicht beantwortet werden.
- Die Sidekicks auf DeusEx wirken arg aufgesetzt. Nur TracerTong schafft es überhaupt ins Spiel (die Mission ist lächerlich). Der Rest wie Manderlay oder Bob Page finden nur in den Mails Erwähnung. Wo ist Navara und Hermann. Wenn das die Überleitung zu Deus Ex 1 sein soll, wo bleibt die Seuche, wo die NSF usw. Human Revolution spielt keine 25 Jahre vor Deus Ex 1
Bei der Story wäre weniger wesentlich mehr gewesen. So bleibt ein fader Beigeschmack an einem ansonsten sehr guten Spiel hängen